Insichgeschäft bei Vollmacht: Was ist erlaubt?

Aktualisiert am 26. April 2025 von Ömer Bekar, geprüft und gegengelesen von Rechtsanwältin Susanna Weber

Aktualisiert am 26. April 2025 von Ömer Bekar, geprüft und gegengelesen von Rechtsanwältin Susanna Weber

Du möchtest jemandem eine Vollmacht erteilen, stellst aber fest, dass es Situationen geben könnte, in denen diese Person in Deinem Namen mit sich selbst ein Geschäft abschließen müsste? Das nennt man Insichgeschäft und ist im deutschen Recht grundsätzlich verboten. Der Grund dafür ist einfach: Es besteht die Gefahr, dass der Bevollmächtigte seine eigenen Interessen über Deine stellt. Doch keine Sorge, es gibt Ausnahmen! In diesem Artikel erklären wir Dir verständlich und rechtssicher, was ein Insichgeschäft ist, wann es erlaubt ist und wie Du dabei am besten vorgehst.

Was ist ein Insichgeschäft und warum ist es problematisch?

Ein Insichgeschäft liegt vor, wenn der Bevollmächtigte bei einem Rechtsgeschäft auf beiden Seiten der Vereinbarung handelt, also in eigenem Namen und gleichzeitig in Deinem Namen als Vollmachtgeber. Er ist quasi „Spieler und Schiedsrichter“ in einer Person.

Beispiele:

  • Dein Bruder hat die Vollmacht, Dein Auto zu verkaufen, und möchte es selbst kaufen.
  • Dein Steuerberater hat die Vollmacht, über Dein Bankkonto zu verfügen, und überweist Geld auf sein eigenes Konto.
  • Dein Geschäftspartner hat die Vollmacht, in Deinem Namen Grundstücke zu kaufen, und verkauft Dir sein eigenes Grundstück.

Das Problem bei Insichgeschäften ist der Interessenkonflikt. Der Bevollmächtigte könnte versucht sein, sich selbst zu bevorteilen und Dich als Vollmachtgeber zu benachteiligen. Um Dich davor zu schützen, hat der Gesetzgeber in § 181 BGB das Insichgeschäft grundsätzlich verboten.

Ausnahmen: Wann ist ein Insichgeschäft erlaubt?

Es gibt Situationen, in denen ein Insichgeschäft sinnvoll und sogar notwendig sein kann. Deshalb sieht das Gesetz eine wichtige Ausnahme vor:

Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts: Du als Vollmachtgeber kannst den Bevollmächtigten ausdrücklich von dem Verbot befreien. Das bedeutet, Du erlaubst ihm, in bestimmten Fällen auch in eigenem Namen zu handeln. Diese Befreiung muss jedoch ausdrücklich und schriftlich in der Vollmacht erfolgen.

In welchen Fällen ist eine Befreiung sinnvoll?

  • Geschäftsführer: Wenn Du als Unternehmer einem Geschäftsführer eine Vollmacht erteilst, muss dieser oft in Deinem Namen Verträge mit seiner eigenen Firma abschließen können, z.B. Mietverträge, Lieferverträge oder Kreditverträge.
  • Familienangelegenheiten: Innerhalb der Familie werden oft Vollmachten erteilt, um sich gegenseitig zu unterstützen, z.B. bei Krankheit oder im Alter. Hier kann es notwendig sein, dass der Bevollmächtigte auch in eigenem Namen handeln darf, z.B. um gemeinsame Konten zu verwalten, Immobilien zu veräußern oder Erbschaftsangelegenheiten zu regeln.
  • Vereine und Stiftungen: Auch in Vereinen oder Stiftungen kann es sinnvoll sein, Vorstandsmitglieder vom Verbot des Insichgeschäfts zu befreien, damit sie z.B. im Namen des Vereins mit ihren eigenen Firmen Verträge abschließen können.

Wie befreist Du den Bevollmächtigten vom Verbot des Insichgeschäfts?

Die Befreiung muss klar und deutlich in der Vollmacht formuliert sein. Hier ein Beispiel:

Mustervollmacht mit Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts

Vollmacht mit Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts

Hiermit erteile ich, [Name des Vollmachtgebers], geboren am [Geburtsdatum], wohnhaft in [Adresse],

[Name des Bevollmächtigten], geboren am [Geburtsdatum], wohnhaft in [Adresse],

Vollmacht, mich in folgenden Angelegenheiten zu vertreten:

  • Abschluss von Verträgen jeglicher Art.
  • Verwaltung und Verfügung über Vermögensgegenstände, einschließlich Grundstücke und Immobilien.
  • Vertretung vor Behörden und Gerichten.

Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts:

Der Bevollmächtigte ist hiermit ausdrücklich von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und darf somit Rechtsgeschäfte in meinem Namen sowohl mit sich selbst als auch als Vertreter Dritter vornehmen.

Diese Vollmacht kann jederzeit widerrufen werden.

Ort, Datum:

Unterschrift Vollmachtgeber: ___________________________

Unterschrift Bevollmächtigter: ___________________________

Wichtig:

  • Klarheit und Transparenz: Formuliere die Befreiung klar und verständlich. Verwende eindeutige Formulierungen wie „Der Bevollmächtigte ist vom Verbot des Insichgeschäfts befreit“.
  • Umfang der Vollmacht: Definiere den Umfang der Befugnisse des Bevollmächtigten präzise, um Missverständnisse zu vermeiden. Je genauer Du die Aufgaben und Befugnisse beschreibst, desto besser.
  • Notarielle Beglaubigung: Für bestimmte Rechtsgeschäfte (z.B. Grundstücksgeschäfte) ist eine notarielle Beglaubigung der Vollmacht erforderlich. Ein Notar kann Dich auch bei der Formulierung der Vollmacht beraten.
  • Widerruflichkeit: Du musst die Vollmacht jederzeit widerrufen können, wenn das Vertrauen zum Bevollmächtigten nicht mehr gegeben ist. Der Widerruf muss dem Bevollmächtigten schriftlich mitgeteilt werden.

Risiken und Vorteile der Befreiung vom Insichgeschäft

Vorteile:

  • Flexibilität: Der Bevollmächtigte kann schnell und unkompliziert handeln, auch wenn er selbst am Geschäft beteiligt ist. Dies kann gerade in zeitkritischen Situationen von Vorteil sein.
  • Effizienz: Insbesondere in Unternehmen können Entscheidungen schneller getroffen werden, wenn der Geschäftsführer nicht auf die Zustimmung anderer Personen angewiesen ist.
  • Vertrauen: Die Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts zeigt dem Bevollmächtigten, dass Du ihm vertraust und ihn in seiner Handlungsfreiheit nicht einschränken möchtest.

Risiken:

  • Interessenkonflikt: Auch wenn Du dem Bevollmächtigten vertraust, besteht immer die Gefahr, dass er seine eigenen Interessen über Deine stellt.
  • Missbrauch: Die Befreiung vom Verbot könnte ausgenutzt werden, um Dich zu benachteiligen, z.B. durch überhöhte Preise oder ungünstige Vertragsbedingungen.
  • Haftung: Wenn der Bevollmächtigte seine Befugnisse missbraucht und Dir dadurch ein Schaden entsteht, kann er dafür haftbar gemacht werden.

Tipp: Erteile eine Vollmacht mit Befreiung vom Insichgeschäft nur dann, wenn Du dem Bevollmächtigten voll und ganz vertraust und die möglichen Risiken abgewogen hast. Im Zweifelsfall lasse Dich von einem Anwalt beraten.

FAQ

Was ist ein Insichgeschäft?

Ein Insichgeschäft liegt vor, wenn der Bevollmächtigte auf beiden Seiten eines Rechtsgeschäfts handelt, also sowohl für sich selbst als auch im Namen des Vollmachtgebers.


Ist ein Insichgeschäft grundsätzlich verboten?

Ja, nach § 181 BGB ist es grundsätzlich verboten, es sei denn, der Vollmachtgeber befreit den Bevollmächtigten ausdrücklich von diesem Verbot.


Warum ist das Insichgeschäft verboten?

Das Verbot dient dem Schutz des Vollmachtgebers, um Interessenkonflikte zu vermeiden, bei denen der Bevollmächtigte seine eigenen Interessen höher gewichten könnte.


Wie kann ein Insichgeschäft rechtlich erlaubt werden?

Der Vollmachtgeber kann den Bevollmächtigten in der Vollmacht ausdrücklich vom Verbot des Insichgeschäfts befreien, sodass das Geschäft rechtswirksam ist.


Wann ist eine Befreiung vom Verbot des Insichgeschäfts sinnvoll?

Die Befreiung ist sinnvoll, wenn der Bevollmächtigte flexibel handeln muss, etwa in Familienangelegenheiten oder bei Geschäftsführern in Unternehmen.


Muss eine Vollmacht mit Befreiung vom Insichgeschäft notariell beglaubigt werden?

Für bestimmte Rechtsgeschäfte, wie z. B. Grundstücksgeschäfte, ist eine notarielle Beglaubigung der Vollmacht erforderlich.


Kann die Befreiung vom Insichgeschäft widerrufen werden?

Ja, der Vollmachtgeber kann die Vollmacht und die Befreiung jederzeit widerrufen, wenn er das Vertrauen zum Bevollmächtigten verliert.


Welche Risiken bestehen bei einem Insichgeschäft?

Es besteht das Risiko eines Interessenkonflikts, da der Bevollmächtigte eigene Interessen verfolgen könnte. Daher sollte eine solche Vollmacht nur bei großem Vertrauen erteilt werden.