Rechtsscheinhaftung bei einer Vollmacht als Mustertext

Aktualisiert am 26. April 2025 von Ömer Bekar, geprüft und gegengelesen von Rechtsanwältin Susanna Weber

Aktualisiert am 26. April 2025 von Ömer Bekar, geprüft und gegengelesen von Rechtsanwältin Susanna Weber

Die Rechtsscheinhaftung ist ein zentraler Begriff im Vollmachtsrecht. Sie schützt Dritte, die gutgläubig darauf vertrauen, dass eine Vollmacht besteht oder weiterhin gültig ist. Dieses Prinzip sichert die Stabilität und Verlässlichkeit des Geschäftsverkehrs, indem es verhindert, dass sich der Vollmachtgeber auf das Fehlen oder den Widerruf der Vollmacht berufen kann, wenn er den Anschein ihrer Gültigkeit zu verantworten hat.

Was ist die Rechtsscheinhaftung?

Die Rechtsscheinhaftung besagt, dass der Vollmachtgeber für Handlungen des Bevollmächtigten haftet, wenn der Vollmachtgeber den Anschein einer bestehenden Vollmacht verursacht hat und ein gutgläubiger Dritter darauf vertraut hat. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Vollmacht tatsächlich bestand oder widerrufen wurde.

Voraussetzungen für die Rechtsscheinhaftung

Voraussetzung Details
Setzen des Rechtsscheins Der Vollmachtgeber hat den Anschein erweckt, dass der Bevollmächtigte handeln darf.
Gutgläubigkeit Der Dritte musste davon ausgehen können, dass die Vollmacht besteht.
Kein Widerspruch Der Vollmachtgeber hat den Rechtsschein nicht rechtzeitig widerlegt.
Schutzwürdigkeit des Dritten Der Dritte handelte ohne eigenes Verschulden.

Beispiele für Rechtsscheinhaftung

  1. Widerrufene Vollmacht
    Ein Vollmachtgeber widerruft eine Bankvollmacht, informiert jedoch die Bank nicht. Der Bevollmächtigte hebt Geld ab. Die Bank darf sich auf den Rechtsschein der weiterhin bestehenden Vollmacht berufen, und der Vollmachtgeber haftet.
  2. Offen zur Schau gestellte Vollmacht
    Der Vollmachtgeber lässt die Urkunde einer nicht mehr gültigen Vollmacht im Umlauf. Ein Dritter schließt daraufhin ein Geschäft mit dem Bevollmächtigten ab. Der Vollmachtgeber haftet für die Folgen des Geschäfts.

Abgrenzung zur Duldungs- und Anscheinsvollmacht

  • Duldungsvollmacht: Der Vollmachtgeber weiß, dass der Bevollmächtigte ohne Vollmacht handelt, schreitet jedoch nicht ein.
  • Anscheinsvollmacht: Der Vollmachtgeber hätte erkennen müssen, dass der Bevollmächtigte ohne Vollmacht handelt, hat dies aber nicht bemerkt.

Bei der Rechtsscheinhaftung spielt der Wille des Vollmachtgebers keine Rolle – entscheidend ist der von ihm gesetzte oder geduldete Rechtsschein.

Rechtsgrundlagen

Die Rechtsscheinhaftung ist nicht direkt im Gesetz geregelt, wird jedoch aus den allgemeinen Regelungen des BGB zu Vollmachten und dem Schutz des guten Glaubens (§§ 170–173 BGB) abgeleitet.

Schutz vor Rechtsscheinhaftung

  1. Regelmäßige Aktualisierung von Vollmachten
    Sicherstellen, dass nur gültige Vollmachten im Umlauf sind.
  2. Widerruf öffentlich machen
    Dritte (z. B. Banken, Geschäftspartner) unverzüglich über den Widerruf informieren.
  3. Klarheit schaffen
    In sensiblen Fällen klare Anweisungen oder Erklärungen bereitstellen, um Missverständnisse zu vermeiden.

Rechtsscheinhaftung bei einer Vollmacht

FAQ

Was passiert, wenn die Vollmacht widerrufen, aber nicht zurückgegeben wurde?
Der Vollmachtgeber haftet, wenn ein Dritter gutgläubig auf die Vollmacht vertraut.


Kann der Dritte selbst prüfen, ob die Vollmacht gültig ist?
Ja, Dritte sind angehalten, die Gültigkeit der Vollmacht zu prüfen, insbesondere bei Zweifeln.


Wie unterscheidet sich die Rechtsscheinhaftung von der Anscheinsvollmacht?
Die Rechtsscheinhaftung basiert auf einem durch den Vollmachtgeber gesetzten Rechtsschein, unabhängig von seinem Wissen oder Willen.


Kann die Rechtsscheinhaftung durch eine Klausel ausgeschlossen werden?
Nein, der Schutz des guten Glaubens kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden.


Wann entfällt die Gutgläubigkeit des Dritten?
Wenn der Dritte wusste oder hätte wissen müssen, dass die Vollmacht nicht gültig ist.


Wer trägt die Beweislast bei einer Rechtsscheinhaftung?
Der Dritte muss beweisen, dass er gutgläubig gehandelt hat.


Was ist der Unterschied zur gesetzlichen Haftung?
Die Rechtsscheinhaftung beruht nicht auf Gesetzesbruch, sondern auf einem Vertrauen in den gesetzten Anschein.


Wie kann ich Missbrauch verhindern?
Durch klare Kommunikation, regelmäßige Kontrolle und Rückforderung widerrufener Vollmachten.